Mit dem Reisemobil durch das Land der Albigenser
Abseits der touristisch stark frequentierten Mittelmeerküste beginnt die Entdeckungsreise durch weniger bekannte Regionen Frankreichs.
Noch unweit der spanischen Grenze und der Küste finden wir in Tautavel nordwestlich von Perpignan das beeindruckende prähistorische Museum. In der Nähe wurden die bisher ältesten Überreste von Menschen in Europa gefunden. Auf dem Museumsparkplatz dürfen Reisemobilisten kostenlos übernachten, allerdings gibt es keine Ver- und Entsorgung.
Im Dörfchen Duilhac-sous-Peyrepertuse übernachten wir unterhalb der berühmten Katharerburg Peyrepertuse. Die Katharer (auch Albigenser) genannt. Die Katharer waren eine christliche Sekte, die im 11. Jahrhundert entstand und vor allem in Südwestfrankreich stark war. In dieser Zeit kam es in Europa zu einer Entfaltung der Geld- und Warenwirtschaft und zur Expansion der Städte. Während Adel und Klerus versuchten, sich dieser Entwicklung anzupassen, entwickelte sich unter den Verlierern der wirtschaftlichen Entwicklung, der Landbevölkerung, dem niederen Adel und dem Klerus eine Gegenbewegung zur offiziellen Kirche. 1209 rief Papst Innozenz III.zum Kreuzzug gegen die Katharer auf. Auf hochgelegenen stark befestigten Burgen konnten sie sich noch einige Zeit halten. Mit Quéribus fiel 1255 eine ihrer letzten Festungen.
Der Aufstieg zur Burg Quéribus ist noch immer anstrengend, doch er wird mit einem großartigen Blick auf die Landschaft und die Ruinen der benachbarten Burg Peyrepertuse belohnt. Auch das Innere der von dicken Mauern geschützten Festung ist beeindruckend.
Eine Überraschung bietet das kleine Örtchen Espéraza. Es verfügt über nicht nur einen landschaftlich schön gelegenen und ruhigen Reisemobil-Stellplatz am Ufer der Aude. Ein Besuch lohnten vor allem die beiden Museen. Das größere bietet einen ausgezeichneten Überblick über die Welt der Dinosaurier, von denen einige im Tal der Aude gefunden wurden.
Das kleinere Museum zeigt die örtliche Geschichte der Hutmacherei. Espéraza war von 1756 bis zum Beginn der 1950er Jahre weltweit der zweitgrößte Produzent von Filzhüten und Rohlingen. 1946 fertigten hier 2500 Beschäftigte 500.000 Hut-Rohlinge, 140.000 Herrenhüte und 180.000 Damenhüte. Erläutert wird die Technik anhand historischer Werkzeuge und Maschinen.
Die mittelalterliche Festungsanlage von Carcassonne ist von ihrer Größe und ihrem Erhaltungszustand her einzigartig in Europa. Die noch bewohnte Cité wird von einem doppelten Mauerring von 1,5 Kilometer Länge umschlossen. Die Mauer wurde nach 1230 in 15 Jahren erbaut, daher ihr einheitliches Aussehen. Die Cité von Carcassonne ist mit 4 Millionen Besuchern pro Jahr eines der am häufigsten besuchten Reiseziele Frankreichs.
Im Mittelalter lebten hier bereits 3.000–4.000 Menschen. Im 19. Jahrhundert wurde die bereits verfallende Anlage unter der Leitung von Viollet-le-Duc restauriert. 1997 nahm die UNESCO die Cité in die Liste des Weltkulturerbes auf.
Ein kleines, eher unerwartetes Highlight unserer Reise ist das knapp 20 Kilometer entfernte Örtchen Fanjeaux, das sich bereits vor mehr als 25 Jahren sehr reisemobilfreundlich zeigte. Im Mittelalter war Fanjeaux eine bedeutende Stadt mit etwa 3000 Einwohnern, wovon noch die alte Markthalle zeugt. Während des Kreuzzugs gegen die Katharer war Fanjeaux von 1209 bis 1214 Hauptquartier Simon de Montforts, des Anführers des Kreuzritterheeres. Unvergleichlich ist der Ausblick auf die Landschaft des Lauragais.
In Albi überqueren wir den Fluss Tarn. Herzstück der historischen Altstadt ist das Bischofsviertel mit der Kathedrale Sainte-Cécile, der Kirche Saint-Salvi und dem Bischofspalast. Seit 2010 gehört es auch zum UNESCO-Welterbe. Im Bischofspalast lohnt sich ein Besuch des Museums, das dem in Albi geborenen Maler Henri de Toulouse-Lautrec gewidmet ist. Neben vielen seiner Werke sind auch zahlreiche Gemälde anderer Künstler, wie etwa Edgar Degas und Auguste Rodin, zu sehen.
Ein für Reisemobile reservierter kostenloser Stellplatz befindet sich direkt unterhalb der berühmten Kathedrale. Er ist ein idealer Ausgangspunkt für eine fußnahe Erkundung der Altstadt.
Otmar Steinbicker