Entlang der Küste der Normandie
In Le Tréport stoßen wir an die nördliche Grenze der Alabasterküste, an der der kleine Fluss Bresle in den Ärmelkanal mündet. Es ist Ebbe und das Wasser ist so weit aus dem Fluss hinausgezogen, dass die Segelboote auf dem Trockenen liegen.
Die Hauptstraße am Flussufer wird gesäumt von zahlreichen Restaurants, in denen gerne auch der frische Fang an Fischen und Meeresfrüchten aus dem örtlichen Fischereihafen serviert wird.
Souvenirläden bieten vor allem die Spezialitäten der Normandie an. Da ist der Cidre, ein leckerer Apfelschaumwein, der in einer süßen (douce) und in einer trockenen (brut) Variante produziert wird. Die Flaschen sehen auf den ersten Blick wie Sektflaschen aus, da sie mit den gleichen Korken mit Drahtgestell und Deckel verschlossen werden. Mehr Alkoholprozente enthält der aus Apfelmaische destillierte Calvados. Und dann dürfen die Kuchen und Kekse nicht fehlen. „Galettes“ nennt man hier die kleinen, köstlichen, mit viel Butter gebackenen runden Plätzchen.
Natürlich dürfen auch die beliebten Souvenirmagneten für den Kühlschrank nicht fehlen. Neben den üblichen Hafenfotos entdecken wir ein Motiv mit einer Wetterkarte. Über ganz Frankreich gibt es Sonnensymbole, nur über der Normandie liegt eine schwarze Regenwolke. „Risque d’éclaircie“ lautet die Überschrift: Risiko von Aufheiterungen. Wir können schmunzeln, über uns lacht die Sonne, aber die vielen Regenjacken, die in weiteren Geschäften angeboten werden zeigen, dass wir Glück haben mit dem Wetter.
Am Hafen angekommen, öffnet sich nach links hin der weite Kiesstrand, hinter dem sich die steilen, bis zu 110 Meter hohen Kreideklippen auftürmen. Der Weg hinauf ist steil, aber er lohnt sich: von oben beleuchtet die Nachmittagssonne ein grandioses Panorama mit Blick auf die Stadt, den Hafen und das auf der anderen Seite des Flusses gelegene Seebad Mers-les-Bains, hinter dem sich wiederum hohe Kreideklippen auftürmen.
Morbider Charme in Mers-les-Bains
Nach einer ruhigen Nacht auf dem Stellplatz in in der Rue Pierre Mendès France besuchen wir am anderen Morgen den Nachbarort auf dem anderen Flussufer und sind beeindruckt vom morbiden Charme der Fassaden der historischen Seebad-Architektur. Da die Bresle die nördliche Grenze der Normandie bildet, sind wir in Mers-les-Bains schon in der Nachbarregion Picardie.
Das Licht an der Küste bei Dieppe zog die Maler an
Ein mondäner Badeort war im 19. Jahrhundert auch die Hafenstadt Dieppe, Es war das Licht an der Alabasterküste, das damals die impressionistischen Maler anzog, denen reiche Gäste aus Paris unter dem Eindruck ihrer Bilder folgten. Einige ihrer Werke sind im hoch über der Stadt gelegenen Château, einer mittelalterlichen Burganlage, ausgestellt. Von oben genießen wir einen atemberaubenden Panoramablick über die Stadt und beobachten die Fähre nach England.
Am kleinen Hafen in Saint-Valery-en-Caux Atmosphäre genießen
Weitere 30 Kilometer weiter südlich entdecken wir die kleine Hafenstadt Saint-Valery-en-Caux. Fischerbooten und Yachten dümpeln im kleinen Hafen und der Blick fällt unwillkürlich auf das alte Fachwerkhaus am Ufer. Seine Fassade erinnert an italienische Renaisance. „Maison Henri IV“ nennen die Einheimischen das 1540 errichtete Gebäude, weil der französische König hier seinerzeit übernachtet haben soll.
Die Atmosphäre des kleinen Örtchens spricht uns an und wir beschließen, hier zu Übernachten. Auf dem beliebten Reisemobilstellplatz unweit des Hafens und in Strandnähe finden wir mit etwas Glück noch einen Platz und beim abendlichen Spaziergang genießen wir wieder vertraute Blicke auf Kreidefelsen. Nach einer ruhigen Nacht hupt morgens um neun Uhr die Bäckerin und bietet frische Baguettes und Croissants an, auch die von uns geschätzte Baguette-Variante „Tradition“. Da können wir sicher sein, dass der Teig in der eigenen Bäckerei und ohne Zugabe von Lebensmittelzusatzstoffen und chemischen Gärmitteln hergestellt wurde. Das garantiert ein französisches Regierungsdekret seit 1994.
Es ist sehr warm, als wir im nur neun Kilometer entfernten 300-Seelen-Dorf Veulettes-sur-Mer ankommen. Die Küstenstraße wird von Restaurants gesäumt, die auf der anderen Straßenseite an der Strandpromenade ihre Tische und Sonnenschirme aufgebaut haben. Immer wieder lassen sich hier im Laufe des Tages Gäste nieder, um einen Cidre, einen Wein oder einen Kaffee zu genießen.
Hier lohnt es sich, einen Tag am Strand einzulegen. Jung und Alt tummeln sich im seichten Wasser der flachen Bucht zwischen den Kreidefelsen. Sogar Hunde dürfen hier beliebig herumtoben und genießen sichtlich die seltene Freiheit.
Badefreuden in Veulettes-sur-Mer
Am Abend fällt die Wahl des passenden Restaurants nicht leicht. Fisch und Meeresfrüchte bieten selbstverständlich alle an. Bei „Les Frégates“ überzeugen letztlich eine Muschelsuppe und ein Dessert: die Eissorte „Caramel beurre salé“. Bisher kannten wir unter den Spezialitäten der Normandie nur Bonbons mit diesem Namen, die aus karamellisierter gesalzener Butter hergestellt werden und schon für sich allein eine Reise in die Normandie oder Bretagne wert sind. Hier gibt es also diese Geschmacksvariante auch als Eissorte – unvergesslich! Wir genießen unser Essen mit Blick auf das Meer. Das späte Abendlicht hüllt die Kreidefelsen in warme Farben, bevor die Sonne malerisch im Meer versinkt.
Anschließend sind es nur wenige hundert Meter entlang des Strandes bis zum Reisemobil. Der Stellplatz an der Uferstraße ist zur Nacht hin ruhig. Autos sind um diese Zeit nicht mehr zu hören. Erst gegen acht Uhr klopft es an der Türe. Ein städtischer Mitarbeiter kassiert die Gebühr von acht Euro in bar. Anschließend heißt es, noch ein Stündchen zu warten, bis der Bäcker auf dem Platz vorfährt.
Zu den berühmten Kreidefelsen in Ètretat
Von dem erholsamen Tag in Veulettes-sur-Mer zehren wir noch, als wir im 43 Kilometer südwestlich gelegenen Ètretat den steilen Weg hoch auf die Kreideklippen erklimmen. Doch das ist ein „Muss“ bei jeder Normandie-Reise. Nur von dort oben gibt es den berühmten Blick auf den Brückenbogen Porte d’Aval und die Felsnadel „Aiguille“ zu erhaschen. Es waren die Bilder der Maler Claude Monet und Gustave Courbet mit diesem Motiv, die den internationalen Tourismus nach Ètretat lockten. Dass heute der Ortskern stark touristisch geprägt ist, sollte daher nicht verwundern. So werden in der schmucken Markthalle nicht wie andernorts frische Lebensmittel angeboten, sondern die für Touristen interessanten regionalen Produkte sowie diverse Souvenirs. Kitschläden findet man dort aber nicht, sondern eher hochwertiges Kunsthandwerk. Für Reisemobile ist in einem Ort wie Ètretat, wo sich viele PKW’s drängeln, verständlicherweise wenig Platz. Dennoch gibt es einen eigenen Stellplatz vor dem örtlichen Campingplatz und einen guten Parkplatz an der Straße nach Le Havre.
Die Seinemündung trennt hinter der großen Hafenstadt Le Havre die Départements Seine-Maritime und Calvados. Der kühn geschwungene Brückenbau des 1995 eingeweihten „Pont de Normandie“ überspannt mit einer Spannweite von 856 Meter und in einer Höhe bis zu 203 Metern den breiten Fluss. Diese Architektur fordert ihren Preis in Form einer Maut, die je nach Fahrzeuggröße gestaffelt ist. Mit 6,30 Euro kommen wir noch günstig davon. Der Blick von oben auf die Flussmündung und das offene Meer ist vom Beifahrersitz aus beeindruckend. Die Augen suchen noch das nächste Ziel, die alte Hafenstadt Honfleur, aber dann ist man schon wieder auf Meereshöhe angekommen und nimmt die nächste Ausfahrt.
In die alte Hafenstadt Honfleur
Der große Stellplatz für 260 Mobile liegt rechter Hand noch vor dem Stadtzentrum von Honfleur. Er eignet sich zur Übernachtung und bietet zugleich die einzig sinnvolle Parkmöglichkeit. Die Stadtverwaltung weiß das und berechnet gleich ob für eine Stunde Parken oder für 24 Stunden einschließlich Übernachtung eine Gebühr von elf Euro. Da ist dann die kostenlose Ent- und Versorgung sowie für einige, nicht für alle Plätze die Stromversorgung inklusive. Von dem Versuch, mit dem Reisemobil in die Altstadt zu fahren, kann nur dringend abgeraten werden. Da wäre in den engen Gassen nur allzu schnell ein Verkehrschaos provoziert.
Zu Fuß führt der Weg vom Stellplatz vorbei am Hafenbecken für die großen Hotelschiffe, die von Paris aus die Seine befahren. Bald darauf kommen wir an der städtischen Fischhalle vorbei. Die Auswahl an Fischen und Meeresfrüchten ist absolut beeindruckend und verlockend für die Zubereitung in der eigenen Bordküche. Es wird auch angeboten, gleich dort zu essen, Da gibt es allerdings nur kalte Küche: Austern, Meeresfrüchteteller in unterschiedlicher oder selbst ausgewählter Zusammenstellung oder auch Räucherfisch. Das Ambiente ist sehr schlicht gehalten, die Preise allerdings auch. Noch etwas unentschlossen erreichen wir bald darauf den Alten Hafen, das touristische Herz der Altstadt.
Die Szene mit den pittoresken, schmalen und sechs Stockwerke hohen Häusern gehört nicht ohne Grund zu den meistfotografierten Motiven in der Normandie. Im 19. Jahrhundert hatten hier bereits Maler wie Gustave Courbet, Alfred Sisley, Johan Barthold Jongkind, Claude Monet, Camille Pissarro, Pierre Auguste Renoir und Paul Cézanne ihre Staffeleien aufgestellt. Heute reiht sich an dieser Seite des Alten Hafens ein Restaurant dicht gedrängt an das andere. Der Platz vor der Lieutenance, einem Überrest der ehemaligen Befestigungsanlage aus dem 17. Jahrhundert, an der Hafenzufahrt bleibt frei. Auf der gegenüberliegenden Seite ist in der kleinen Kirche Saint-Étienne aus dem 14./15. Jahrhundert ein Schifffahrtsmuseum eingerichtet, das vor allem die örtlichen historischen Bezüge dokumentiert.
Zentrum der Altstadt ist die Kirche Sainte-Catherine, deren älteste Teile aus dem 15. Jahrhundert stammen. Erbaut wurde die Kirche von Werftarbeitern, die zuerst ein Schiff aus Eichenholz konstruierten und dieses dann umdrehten. Sie benutzen bei ihre Arbeit Beile, aber keine Sägen. Diese alte Technik ist auf dem berühmten Teppich von Bayeux über die Geschichte der Invasion Englands durch Wilhelm den Eroberer im Jahre 1066 dargestellt. Sie wurde vor den Normannen bereits von den Wikingern angewandt. Der imposante Glockenturm steht auf der anderen Seite des Platzes.
In den engen Gassen der Altstadt bieten zahlreiche Geschäfte vor allem Spezialitäten der Normandie und Kunsthandwerk an, auch Boutiquen, Antiquariate und Antiquitätenläden sind zu finden.
Auf dem Rückweg zum Stellplatz kehren wir doch noch einmal in die Fischhalle ein und erstehen ein frisches Thunfisch-Steak, dass wir an Bord unseres Reisemobils zubereiten und mit einem guten Glas Muscadet-Sèvre et Maine genießen.
Entlang ehemals exklusiver Seebäder zur Invasionsküste
In Richtung Caen fahren wir auf der D 513 durch alte, ehemals exklusive Seebäder wie Deauville und Trouville und entlang weiter einladender Sandstrände mit weiß gestrichenen hölzernen Umkleidehäuschen. In Dives-sur-Mer finden wir schließlich einen ruhigen und obendrein kostenlosen Übernachtungsplatz mit schönem Ausblick.
Über die Pegasusbrücke erreichen wir Bénouville und den Küstenabschnitt, an dem die Alliierten am 6. Juni 1944 ihre Invasion begannen. Diese Brücke über den Caen-Kanal hatte am ersten Tag eine entscheidende strategische Bedeutung, um einen seitlichen deutschen Gegenangriff auf die Landungsstrände zu verhindern. Im 1962 gedrehten Spielfilm „Der längste Tag“ wird die Eroberung der Pegasusbrücke nachgestellt. Die heutige Brücke wurde 1994 zum 50. Jahrestag der Invasion eingeweiht. Wegen einer Verbreiterung des Kanals musste eine neue Brücke gebaut werden. Dabei entschied man sich für eine vergrößerte Kopie des historischen Originals. Die alte Brücke kann im nahegelegenen Luftlandemuseum „Pegasus Bridge“ besichtigt werden.
Bedeutende Überreste der Invasion sind am Strand von Arromanches-les-Bains erhalten geblieben. Hier begannen die britischen Truppen bereits am zweiten Tag der Invasion damit, einen künstlichen Hafen zu bauen, über den Truppen und Nachschub an Land gebracht werden konnten. Dazu wurden ältere Schiffe versenkt und riesige Senkkästen in den Sand gesetzt, die ein künstliches Riff rund um den Hafen bildeten, an dem sich die Wellen brachen. Schon nach drei Tagen konnten die ersten Schiffe entladen werden und bis zum 31. Oktober wurden hier 628.000 Tonnen Nachschubgüter, 40.000 Fahrzeuge und 220.000 Soldaten an Land gebracht. Die Senkkästen sind noch heute zu sehen.
Wer sich intensiver mit der Geschichte der Invasion beschäftigen möchte, sollte unbedingt einen Abstecher in die acht Kilometer südlich gelegene Stadt Bayeux unternehmen und das „Musée Mémorial de la Bataille de Normandie“ neben dem britischen Soldatenfriedhof besuchen. Auf einer Ausstellungsfläche von 2.000 Quadratmetern dokumentieren Uniformen, Waffen, Bilder, Zeitungsberichte, Videofilme und vielerlei Exponate die Kriegshandlungen und das Leben der Soldaten und Zivilisten während der Schlacht um die Normandie.
Auch ohne einen Besuch in diesem Museum steht Bayeux auf dem Pflichtprogramm eines Normandiebesuches. Im „Centre Guillaume le Conquérant“ ist der weltberühmte Teppich von Bayeux ausgestellt, der zu den bedeutendsten Bilddokumenten des Hochmittelalters zählt. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts gestickt, zeigt der 52 Zentimeter hohe und 68 Meter breite Tuchstreifen in 58 Einzelszenen mit erstaunlichen Detaildarstellungen die Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm den Eroberer und die Schlacht von Hastings am 14. Oktober 1066.
Gedenken auf dem Schlachtfeld an der Pointe du Hoc
Ein weiterer zu besichtigender wichtiger Ort der Schlacht um die Normandie ist die Pointe du Hoc nahe der Gemeinde Grandcamp-Maisy. Das 500 Meter lange und etwa 30 Meter hohe Kap ragt aus der Steilküste zwischen den Invasionsabschnitten Omaha Beach und Utah Beach hervor und bot einen weiten Blick und ein weites Schussfeld auf beide Küstenabschnitte. Aufgrund dieser strategischen Lage versuchte ein US-Rangerbataillon am frühen Morgen des 6. Juni noch vor der Landung der weiteren Truppen diese Stellung einzunehmen. Schon Tage zuvor hatten US-Flugzeuge das Gelände massiv bombardiert. Die harten Kämpfe um das Kap zogen sich noch bis zum 8. Juni hin. Heute ist das Gelände als Gedenkstätte zugänglich. Fußwege führen um die Bombentrichter zu den umkämpften Stellungen des deutschen Atlantikwalls. Die Vorstellung, dass und wie hier gekämpft und gestorben wurde, hinterlässt eine bedrückende Stimmung.
Der Fallschirmjäger am Kirchturm
Schon auf der Halbinsel Cotentin liegt die Gemeinde Sainte-Mère-Église. Auch hier spielte eine beeindruckende Szene im Invasions-Spielfilm „Der längste Tag“. Am frühen Morgen des 6. Juni 1944, dem ersten Tag der Invasion, landeten hier zwischen 14.000 und 15.000 US- Fallschirmjäger im Hinterland des Strandabschnitts Utah Beach. Dabei blieb der Fallschirmjäger John Steele mit seinem Fallschirm an einem der Ecktürme des Kirchturms hängen und musste in dieser misslichen Lage zwei Stunden ausharren, während unter ihm auf dem Kirchplatz heftig gekämpft wurde. Steele geriet in deutsche Gefangenschaft, aus der er später fliehen konnte. Er starb am 16. Mai 1969, wenige Wochen vor dem 45. Jahrestag der Invasion. Zum Gedenken an diese Szene hängt heute am Kirchturm eine Puppe in Uniform an einem weißen Fallschirm. Im Innern der zeigt ein Fenster drei Fallschirmjäger gemeinsam mit der Gottesmutter.
Gegenüber der Kirche wurde 2009 das Airborne-Museum eröffnet, in dem viele Ausstellungsstücke die Luftlandung dokumentieren, Gezeigt werden ein Douglas C-47-Flugzeug, ein Lastensegler, Waffen, Abzeichen und Fotos.
Nach der intensiven aber auch bedrückenden Reise in die Geschichte ist Erholung angesagt. Die finden wir in der Nordostecke der Halbinsel Cotentin in der kleinen Hafenstadt Barfleur. Allerdings sind auch schon andere Reisemobilisten auf diese Idee gekommen. Dicht an dicht gedrängt stehen 20 Fahrzeuge auf dem Stellplatz. An diesem Samstag nachmittag haben sich auch mehrere Gäste aus der näheren Umgebung eingefunden, wie sich unschwer an der „50“ auf einigen Autokennzeichen zu erkennen ist, die nach der alphabetischen Liste der Départements für „Manche“ steht. Wem bei diesem Wort den Begriff „Manschette“ assoziiert, liegt halbwegs richtig. „Manche“ bedeutet im Französischen „Ärmel“ und das Département „Manche“ liegt nun einmal am Ärmelkanal.
Da für uns kein Platz mehr frei ist, fahren wir nur 200 Meter weiter den städtischen Campingplatz „Camping municipal“ an und haben Glück: ein einziges Areal ist noch frei. Dieses ist zwar für einen Campingplatz vergleichsweise klein, aber dennoch deutlich größer als die engen Buchten auf dem Stellplatz. Der Preis ist mit 13 Euro sehr moderat, zumal die Ent- und Versorgung im Preis enthalten ist. Wer vom Stellplatz kommt, muss allein dafür 5,50 Euro zahlen.
Beim kurzen Spaziergang durch die engen Gassen des Ortes zum Hafen wird uns deutlich, warum Barfleur in die Liste der „schönsten Dörfer Frankreichs“ (plus beaux villages de France) aufgenommen wurde: Alle Gebäude im Ortskern der kleinen 600-Einwohner-Gemeinde wurden aus regionalem Granit und Schiefer gebaut.
Im Hafen angekommen, beobachten wir, wie ein Fischkutter anlegt, der offenbar schon von einigen Passanten erwartet wird. Schnell erkennen wir den Grund: Direkt vom Kutter wird bereits der frische Fang verkauft. Taschenkrebse und Seespinnen sind dabei, aber auch einige größere Fische, für die sich vor allem Restaurantbesitzer interessieren. Schon nach wenigen Minuten ist alles ausverkauft. Ein verspäteter Interessent steigt verärgert wieder in sein Auto. Für den schönsten Blick auf den Hafen gehen wir noch etwas weiter, dann sehen wir die Sportboote in den Wellen schaukeln und die Kirche Saint-Nicolas, die die Szenerie überragt.
Ein gutes Restaurant zum Abendessen ist schnell gefunden und die Wahl auch ohne langes Blättern in der Speisekarte getroffen. Hier wird die lokale Muschelsorte „Blonde de Barfleur“ aus der Familie der Miesmuscheln serviert, die auf der Sandbank vor Barfleur geerntet wird – ein Muss für kulinarische Entdecker.
Auf dem Heimweg zum Campingplatz zeigt sich der Himmel ein faszinierendes Abendlicht. Da heißt es: schnell auf die Ufermauer steigen, um einen Blick auf die Stadt zu erhaschen, der unvergesslich für diese Reise entlang der Küste der Normandie bleibt.
Otmar Steinbicker