Griechenland
Mit dem Reisemobil durch Makedonien
Die Schönheiten der griechischen Provinz Makedonien vom Berg Olymp, wo die alten Griechen den Götterhimmel vermuteten, über die historischen Ausgrabungen bei Thessaloniki bis hin zu den Traumstränden der Halbinsel Chalkidiki entdeckte Otmar Steinbicker.
Nach der langen und eintönigen Fahrt auf der Autobahn von Athen nach Norden, bietet eine kleine Wanderung bei Platamónas Abwechslung. Steil und steinig führt der Weg vom Parkplatz hoch zur Ruine der fränkischen Festung aus dem 13. Jahrhundert. Nur noch Teile der Burgmauern, ein großes Steintor und ein Wachtturm sind erhalten geblieben.
Doch mehr noch als die steinernen Zeugen der Vergangenheit lohnt der grandiose Ausblick den Aufstieg. Zu Füßen liegt im Osten das blaue Meer und nordwestlich erhebt sich das Gebirgsmassiv des Olymp. Wie so oft, ist auch an diesem Tage die bis zu 2717 Meter hohe Gipfelkette von Wolken verhangen. Für die Griechen der Antike verbargen sich dahinter die Geheimnisse des Götterhimmels mit all seinen Intrigen und Affären.
Günstigster Ausgangsort für einen Aufstieg ist Litochoro. Eine asphaltierte Straße führt über fünf Kilometer den Berg empor bis zur ersten Schutzhütte. Am Straßenrand weidet eine Ziegenherde. Einige der Tiere haben sich auf der von der Sonnen gewärmten Asphaltschicht niedergelassen und weichen nur äußerst widerwillig dem für sie fremden Ungetüm eines deutschen Reisemobils. Wo die feste Fahrbahndecke endet, beginnt eine gut ausgebaute Piste, die sich bis zur Hütte von Prionia auf eine Höhe von 1.100 Meter zieht. Danach aber beginnt ein siebenstündiger Fußmarsch bis zum Mytikas, dem höchsten Gipfel des Olymp. Anfangs geht es durch einen Mischwald von Schwarzföhren und Buchen, bevor die Vegetation karger und der Aufstieg auf der letzten Etappe beschwerlich wird.
Doch auch die Ebene hat ihre Reize. Unweit des Olymp liegen die Ausgrabungen des antiken Heiligtums Dion. Um 400 vor Christus hatte hier der makedonische König Archelaos dem Göttervater Zeus eine heilige Stadt errichten lassen mit Tempeln, Theater und Stadion. Alexander der Große opferte hier den Göttern, bevor er zu seinem Feldzug gegen die Perser aufbrach, der ihn bis nach Indien führen sollte. Die Heilige Straße, über dessen Pflaster einst der König und die Pilger in die Stadt zogen, ist noch in ihrer ganzen Länge erhalten.
Der äußerst lebhafte Straßenverkehr und die großen Probleme, einen Parkplatz zu finden, lassen Thessaloniki, Griechenlands zweitgrößte Stadt mit rund 700.000 Einwohnern, eher zu einem Alptraum für Reisemobilisten werden.
Hier empfiehlt es sich, einen Campingplatz in der Umgebung zu suchen und für wenige Drachmen mit dem Autobus zu einer ganztägigen Stadtbesichtigung aufzubrechen. Am Vormittag locken die geschäftigen Markthallen mit ihrem fast schon orientalischen Flair. Das riesige Gebäude "Bezsteni", im 15. Jahrhundert für die Geschäfte der Goldschmiede und Tuchhändler errichtet, wird heute für den Verkauf von Waren aller Art genutzt und längst haben sich die Marktstände weiter in die umliegenden Gassen ausgedehnt. Einen eigenartigen Reiz übt der Lebensmittelmarkt "Stoa Modiano" aus, mit den leuchtenden Farben von Obst und Gemüse und den intensiven Gerüchen von Fisch, Fleisch und Gewürzen.
Ausreichend Zeit erfordern im Archäologischen Museum die bedeutenden Funde von Vergina. In der Altstadt mit ihren zahlreichen Gebäuden aus der Türkenzeit findet sich das Geburtshaus von Mustafa Kemal Pascha, dem als "Atatürk" bekanntgewordenen Begründer der modernen Türkei. Insgesamt 21 Kirchen bieten den interessierten Besuchern einen guten Einblick in den Reichtum byzantinischer Kirchenkunst.
Zahlreiche preisgünstige Tankstellen und große Supermärkte liegen auf dem Weg in die südlich gelegene Halbinsel Chalkidiki, eines der beliebtesten Urlaubsziele auf dem griechischen Festland.
Hoteltouristen bevorzugen Kassándra, den westlichen der drei Finger der Halbinsel. Vor allem in Chanióti und Kallithéa liegen ihre Domizile. Andere Orte sind etwas weniger stark frequentiert. In Néa Fokéa thront eindrucksvoll auf einem Hügel der 17 Meter hohe Turm des heiligen Paulus über dem kleinen Fischerhafen mit seinen Tavernen. Von diesem Überrest einer Klostersiedlung aus dem 13. Jahrhundert bietet sich ein schöner Blick über die Küste mit ihren Buchten und Sandstränden. Neben Schwimmern finden hier auch Schnorchler gute Bedingungen in dem klaren, türkisblauen Wasser.
Der Fischerhafen Néa Skioni im Südwesten der Kassándra hat noch weitgehend seine ursprüngliche Atmosphäre erhalten. Hier lohnt es sich, am Kai auf die heimkehrenden Fischer zu warten. Vielleicht wird ein mehr als mannshoher Schwertfisch an Land gehievt, oder es lassen sich ein paar kleinere Fische für wenig Geld für die Bordküche erstehen.
Einen schönen Strand bietet auch der Küstenabschnitt zwischen den beiden Fingern Kassándra und Sithonía bei Gerakini. Für archäologisch Interessierte lohnt hier ein Abstecher landeinwärts zum Ausgrabungsgelände der antiken Stadt Olynthos. Viel Sehenswertes ist nicht übrig geblieben. Doch lässt sich bei einem Spaziergang durch die Ruinen die Größe der damaligen Stadt ermessen, die zu ihrer Blütezeit ein eigenes Heer von 20.000 Mann unterhielt.
Lange Sandstrände, kleine Hafenorte und einige wenige bescheidene Campingplätze säumen die Küste der Halbinsel Sithonía, des mittleren Fingers der Chalkidiki. Hier liegt das Paradies der Camper und Reisemobilisten. An der Straße, die rund um die Halbinsel führt, sind immer wieder eine Vielzahl von Bienenkörben zu sehen. Die weitläufigen Pinienwälder bieten den fleißigen Honigproduzenten reichlich Nahrung und das fertige, würzige Produkt, das die Imker hin und wieder auch am Straßenrand anbieten, ist mehr als eine Kostprobe wert.
Schwer erreichbar sind teilweise die verlockenden Sandstrände. Die Piste entlang der Küste, die von oben so verlockend aussah, ist nach einer steilen Holperfahrt erreicht, doch lange währt das Glück nicht. Bald mündet sie in einen schwierig zu befahrenden, steinigen Hohlweg, der bald so eng wird, dass an ein Weiterkommen nicht zu denken ist. Über mehrere hundert Meter muss zurückgesetzt werden, bevor das Fahrzeug überhaupt gewendet und bei nächster Gelegenheit die hochgelegene Straße wieder angesteuert werden kann.
Einen ausgezeichneten Panoramablick über die Küste bis hin zum gegenüberliegenden Berg Athos bietet diese Straße oberhalb des Ortes Kalamitsi. Damit niemand versehentlich diese schöne Stelle verpasst, hat ein findiger Gastronom dort ein unübersehbares Panorama-Café eingerichtet.
An der Ostküste von Sithonía sind hin und wieder Wagenburgen von Reisemobilisten zu sehen. Die griechische Polizei ist auf diese Gäste nicht gut zu sprechen. Zu oft wurden die Strände verschmutzt zurückgelassen oder ein offenes Feuer entzündet, was bei der panischen Angst der Griechen vor Waldbränden nur als offene Provokation empfunden werden kann. Während die Polizei bei Einzelreisenden, die in Ermangelung eines geöffneten Campingplatzes schon einmal eine Nacht frei stehen, in aller Regel ein Auge zudrückt, wurden inzwischen Fälle bekannt, wo die Ordnungshüter gegen Wagenburgen mit der ganzen Schärfe des Gesetzes vorgingen und die "Wildcamper" sogar kurzerhand vorübergehend festnahmen.
Die Straße in den östlichen Finger der Chalkidiki endet im Hafenort Ouranópoli. Südlich davon kommen auch Fußgänger nicht weiter. Absperrzäune sichern die Grenze zur Mönchsrepublik Athos, die auf dem Landweg nicht erreicht werden kann.
Bis auf das Jahr 963 gehen ihre Wurzeln zurück. Aus den Zufluchtsorten von Eremiten bildeten sich im 10. Jahrhundert größere Klostergemeinschaften heraus, in die schon bald darauf Mönche aus Serbien, Bulgarien, Russland, ja der ganzen orthodoxen Welt, eintraten und ein geistiges Führungszentrum ihrer Glaubensgemeinschaft schufen. Von den byzantinischen Kaisern gefördert und reich beschenkt, konnten die Athos-Klöster riesige Ländereien auf der Chalkidiki erwerben und für ihr Siedlungsgebiet Autonomierechte durchsetzen, die selbst von der türkischen Besatzungsmacht weitgehend respektiert wurden.
Kaikis, wie die Griechen ihre kleinen hölzernen Fischerboote nennen. werden in großer Anzahl am Strand von Ierissós unter freiem Himmel gebaut. Von der Straße aus hat der Besucher einen guten Überblick. Vom hölzernen Gerüst, das ein wenig an ein Fischskelett erinnert, bis hin zum Stapellauf eines fertigen Bootes lassen sich die verschiedenen Stadien des Schiffbaus in den Freiluft-Werften beobachten.
Wer ruhige und schöne Sandstrände abseits der internationalen Touristenzentren sucht, findet an der noch wenig erschlossenen Ostküste der Chalkidiki ideale Bedingungen. Lediglich der Küstenort Stavros ist deutlicher auf Gäste eingestellt, allerdings fast ausschließlich auf griechischen Inlandstourismus.
Otmar Steinbicker