Italien
Mit dem Reisemobil am Golf von Neapel
Seit Jahrhunderten zieht der Golf von Neapel Italienreisende geradezu magisch an. Der Reiz der Landschaft, die großen Schätze vergangener Kulturen und die unbekümmert fröhlichen Menschen sind schon in klassischen Reiseberichten gerühmt worden. Die harmonisch geformte Bucht, das blaue Meer und der Blick auf den Vesuv wurden zum Inbegriff eines idyllischen Landschaftsbildes.
Die Stadt Neapel entstand aus der griechischen Handelsniederlassung „Neapolis“, die im 4. Jahrhundert v.Chr. von den Römern erobert wurde. Das Nationalmuseum birgt eine der großartigsten Sammlungen antiker Kunst, darunter monumentale griechisch-römische Skulpturen, bedeutende Gemälde und Mosaiken sowie die schönsten und wertvollsten Funde der Ausgrabungen von Pompeji und Herkulaneum.
Später wechselten die Herrscher des Öfteren. Mals gehörte die Stadt den Staufern, dann dem Haus von Anjou, bevor die Stadt an Aragon fiel. Dem folgten die Habsburger, später die Bourbonen, bevor Napoleon die Stadt eroberte. Erst nach der Eroberung Süditaliens durch Giuseppe Garibaldi stimmten die Neapolitaner im Oktober 1860 in einem Plebiszit für den Anschluss an das Königreich Italien.
Das Herz Neapels schlägt jedoch in den alten Vierteln von Spacca Napoli zu beiden Seiten der Straßen S. Biagio ai Librai und Vicaria Vecchia. In den kleinen Straßen und Gassen flattert zwischen den Häusern noch immer malerisch die Wäsche.
Die Galleria Umberto I zählt zu den ersten großen Einkaufspassagen, die Ende des 19. Jahrhunderts nach dem Vorbild der Mailänder Galleria Vittorio Emanuele II errichtet wurden. Von seiner schönsten Seite zeigt sich Neapel jedoch an der Strandpromenade von Santa Lucia mit dem herrlichen Blick auf den Golf und den Vesuv.
In den zahlreichen Restaurants und Trattorien werden die besten Fischgerichte der Stadt serviert, aber auch Nudelgerichte oder die eigenständige Kreation der neapolitanischen Küche: die "Pizza". In Neapel wurde auch die industrielle Nudelfertigung mittels Nudelmaschine erfunden. Zu den weiteren spezialitäten Neapels gehören die Sfogliatelle, Blätterteigtaschen mit Ricottafüllung.
Westlich von Neapel, in Pozzuoli, kocht im Solfatara-Krater noch heute die Erde. Auf einem abgesperrten und gesicherten Gelände brodelt in einem mehrere Quadratmeter großen Pfuhl etwa 90 Grad heißer Schlamm. Aus insgesamt 25 Feldern steigen Rauchsäulen (Fumarolen) auf. Schwefelgeruch liegt in der Luft und hier und dort setzen sich auf dem Boden gelbe Kristalle ab. Kein Wunder, daß hier im Altertum und noch bis ins Mittelalter hinein den Eingang zur Unterwelt, bzw. zur Hölle vermutet wurde. Heute ist der Solfatara-Krater jedoch kein Ort des Schreckens mehr. Eine Forschungsstation überwacht mit ständigen Messungen die Phänomene des Vulkanismus. Beim letzten großen Ausbruch vor 39.000 Jahren stürzte die Erdkruste ein, nachdem sich die riesige Magmakammer entleert hatte. Heute gilt das Gebiet der Phlegräischen Felder als das gefährlichste Vulkangebiet der Welt.
Nur 27 Kilometer südöstlich von Neapel liegt die Ruinenstadt Pompeji, die im Jahre 79 n. Chr. bei einem Ausbruch des Vesuvs unter einer sechs Meter dicken Lavaschicht verschüttet und damit zugleich konserviert wurde. In den Straßen sind die tiefen Rinnen zu sehen, die die Räder der Wagen in den Stein geschliffen haben und die ehemaligen Luxusvillen der Patrizierfamilien vermitteln einen plastischen Eindruck vom Leben der römischen Oberschicht, während andernorts Gipsabgüsse von Menschen und Tieren zu sehen sind, in der Haltung ihres Sterbens, so wie die Körper in der sie umhüllenden, erstarrter Asche aufgefunden wurden. Für einen Besuch Pompejis sollte man sich ausreichend Zeit nehmen. Schon für eine Kurzbesichtigung sind etwa 3 Stunden einzukalkulieren. Wer mehr sehen möchte, kann problemlos einen ganzen Tag durch die Ruinen streifen.
Ein Schiffsausflug führt zur Trauminsel Capri, die noch immer nichts von ihrem Reiz verloren hat. Seit mehr als hundert Jahren übt sie eine geradezu magische Anziehungskraft auf die unterschiedlichsten Reisenden aus aller Welt aus, deren Spuren man immer wieder begegnet, so am Lenin-Denkmal in der Via Krupp.
Wem das touristische Treiben in den kleinen Orten zuviel wird, der wandert für einige Stunden durch eine paradiesische Landschaft mit subtropischer Vegetation und traumhaften Ausblicken auf fast unzugängliche Felsenküsten. Auf keinen Fall darf ein Besuch in der Blauen Grotte fehlen, der die berühmtesten unter den zahlreichen vom Meer ausgewaschenen Höhlen der Insel. Auf kleinen Booten werden die Gäste in Grotte gerudert und wo das Tageslicht nicht mehr direkt eindringt, sondern indirekt durch das Wasser widerstrahlt, da wirkt die blaue Farbtönung wie auf einem Südseeprospekt. Und nirgends klingt das alte Lied von Santa Lucia kitschig-schöner als aus der Kehle eines Caprifischers in der Blauen Grotte.
Eine der schönsten Küstenstraßen der Welt führt im Süden der Halbinsel von Sorrent hoch über den ins Meer hinabstürzenden Klippen nach Positano und weiter über Amalfi nach Salerno. Vogelnestern gleich kleben die Häuser auf den Felsen und weit schweift der Blick über die wunderschöne Steilküste und das Meer. In den Sommermonaten kann diese Tour für Autofahrer allerdings zur Nervenstrapaze werden, denn dann sind Staus keine Seltenheit. Wenn sich in den engen Haarnadelkurven auch noch zwei Reisebusse begegnen, geht erst einmal nichts mehr, bis ein Carabinieri mit sehr viel Ruhe und Geduld trotz allem Gehupe die Fahrzeuge mit einem Abstand von nur wenigen Millimetern aneinander vorbei gelotst hat. Für Reisemobile ist die Straße daher seit Jahren gesperrt.
Otmar Steinbicker