Mit Reisemobil und Fahrrad durchs Münsterland
Nach einer ruhigen Nacht auf dem Parkplatz nahe dem Schloss in Steinfurt heißt es „rauf aufs Rad“. Nirgends in Europa bieten sich Radwanderern so großartige Möglichkeiten wie im Münsterland. Ein Netz von fast 10.000 Kilometern radelbarer Wirtschaftswegen in der Parklandschaft zwischen Niederrhein, niederländischer Grenze und Teutoburger Wald wartet darauf, entdeckt zu werden. Hauptstrecken, wie die 2.000 km lange „100-Schlösser-Route“, sind auch für Einsteiger gut beschildert.
Reisemobilisten hat das Münsterland darüber hinaus noch ideale Übernachtungsmöglichkeiten zu bieten: Zahlreiche Gemeinden stellen ruhige oft direkt an den Radwanderstrecken gelegene Parkplätze, kostenfrei zur Verfügung und in einigen Orten kann gegen eine Gebühr auch ordnungsgemäß entsorgt werden.
Steinfurt – Sehenswertes in Stellplatznähe
Steinfurt gehört sicherlich zu den beliebtesten Zielen der Region. Nur wenige hundert Meter sind es vom Stellplatz zum Schloss Steinfurt, das bereits im Jahre 1129 erstmals erwähnt wurde und sich noch heute in adeligem Familienbesitz befindet. Die Besichtigungsmöglichkeiten sind daher etwas eingeschränkt, aber außerhalb von Gruppenführungen gefällt auch die einsehbare Partie nahe dem Torhaus. Wenige Meter entfernt, dort wo die Gräfte an kleinen, alten Fachwerkhäuschen vorbeifließt, liegt einer der idyllischsten Winkel Steinfurts. Bei einem kleinen Stadtrundgang lässt sich die Altstadt erkunden mit dem Rathaus von 1561, dem Weinhaus von 1445 und weiteren Fachwerkhäusern und Giebeln aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Zum Mühlenmuseum nach Metelen
Über eine stillgelegte ehemalige Bahntrasse führt mittlerweile ein gut ausgebauter Radweg in den Nachbarort Metelen. Am Sonntag Nachmittag besteht Gelegenheit, das kleine Mühlenmuseum in der Kornwassermühle zu besichtigen. Liebevoll hat der Metelener Heimatverein die turbinengetriebene Anlage restauriert. Der ehemalige Bahnhof Metelen-Land aus dem Jahre 1876 und der 1907 errichtete Wartesaal dienen heute als Eisenbahnmuseum. Nach Schließung des Bahnhofs im Jahre 1984 renovierten die Mitglieder der Eisenbahner-Interessengemeinschaft e.V. in Eigenarbeit Räume und technische Anlagen und stellten den Fahrkartenraum und den Stellwerkraum originalgetreu wieder her. Fahrkarten können mit dem alten Drucker in ihrer früheren Form gedruckt werden und sogar die Schrankenanlage ist funktionsbereit.
Wallfahrtstradion in Eggerode
Weiter geht es über Schöppingen erst einmal nach Eggerode, einem der ältesten und bedeutendsten Wallfahrtsorte des Münsterlandes. Vor der kleinen Kapelle mit der holzgeschnitzten Madonnenfigur, die wahrscheinlich Ritter aus Eggerode von einem Kreuzzug mitgebracht haben, ist gerade ein Bus mit frommen Pilgern aus dem nahen Ruhrgebiet eingetroffen. Sie setzen eine Tradition fort, die bis in das Jahr 1300 zurückreicht.
War es ein fehlendes Hinweisschild oder hat irgend etwas die Aufmerksamkeit abgelenkt? Auf einmal mangelt es an Orientierung. Das ungeübte Auge hat noch etwas Mühe, anhand von Waldstücken und Stromleitungsmasten den eigenen Standort auf der Karte zielsicher zu bestimmen. Doch ein Bauer, der gerade sein Feld bearbeitet weiß Rat. Seine Empfehlung: Nicht, wie beabsichtigt, den schnellsten nach Horstmar nehmen, sondern einige Kilometer auf dem "Poaters Pättken" fahren, dem früheren Weg der Mönche vom Kloster Varlar bei Coesfeld nach Eggerode und heute eine der landschaftlich schönsten Radwanderetappen des Münsterlandes.
Schloss Darfeld – ein italienischer Traum
Schloss Darfeld liegt an dieser Strecke, ein für die Region eigenwilliger Bau, mit dem sich am Anfang des 16. Jahrhunderts ein westfälischer Landadeliger seinen Traum von italienischer Renaissance erfüllte. Bedauerlich, dass der dort residierende Graf keine Besichtigung des Innenhofes, geschweige denn irgendwelcher Räume zulässt.
Burgmannshöfe in Horstmar
Auf schmalen Wegen gelangen die Radler schließlich auf dem Rückweg doch noch in das Städtchen Horstmar. Ein Rundkurs durch den kleinen Ort führt zu Burgmannshöfen aus dem 13. Jahrhundert, die einst die Nordgrenze des Fürstbistums Münster gegen Steinfurt schützen sollten. Fünf dieser Höfe sind noch heute erhalten. Der schönste, der Merveldter Hof aus dem Jahre 1562, zeigt eindrucksvoll die münsterländische "Specklagentechnik", eine Mauergestaltung, in der Lagen roten Backsteins mit gelblichem Sandstein wechseln.
Die Kinder kommen bei einer Radtour in Borken auf ihre Kosten. Vom Stadtkern ist es nicht allzu weit bis zum Freizeitzentrum Haus Pröbsting mit einem der schönsten Spielplätze. Da gibt es so manches Gerät auszuprobieren und dann darf natürlich auch eine zünftige Bootspartie auf dem See nicht fehlen.
Von Schloss Raesfeld zu einer Entdeckungstour in die Geschichte
Weit in die Geschichte zurück führt eine Radtour in die Umgebung von Raesfeld. Vom Schloss mit seiner charakteristischen Dachhaube aus geht es zu einer mehr als 1000jährigen Eiche, unter der früher Femegerichte abgehalten wurden. Irgendwo versteckt, abseits der üblichen Radwege, lässt sich auch noch eine mittelalterliche Gerichtsstätte entdecken, einer jener Freistühle, wo die Bauern schwere Straftaten verhandelten und bei einem Schuldspruch den Delinquenten auch gleich an den nächsten Baum aufknüpften. Wundert es da noch, dass diese Ortschaft Heiden heißt?
Burg Vischering die älteste Wasserburg im Münsterland
Zu den schönsten Wasserburgen des Münsterlandes gehört Burg Vischering in Lüdinghausen. Diese älteste der münsterländischen Wasserburgen ermöglicht eine ausgedehnte Besichtigung. Ein Museum in der Vorburg, dem früheren Wirtschaftsteil des Schlosses, zeigt landwirtschaftliche Geräte und Haushaltseinrichtungen vergangener Zeiten. Die Hauptburg, ebenfalls als Museum eingerichtet, erläutert das Prinzip der Wasserburgen und die Geschichte der Region. Die kompliziert angelegte Rundburg zählt zu den besten Beispielen mittelalterlicher Wehrburgen in Westfalen. Vier Befestigungseinheiten boten im Mittelalter hinreichenden Schutz vor feindlichen Angriffen. Vorwerk, Ringwall mit Wallköpfen, Vorburg und Hauptburg sind jeweils durch Wassergräben voneinander getrennt und nur durch Zugbrücken miteinander verbunden.
Schloss Nordkirchen – das „westfälische Versailles“
Nur zehn Kilometer entfernt markiert Schloss Nordkirchen, das "westfälische Versailles", einen optischen Gegensatz. Das von Johann Conrad Schlaun 1734 nach französischem Vorbild großzügig angelegte Wasserschloss liegt umgeben vom Viereck der Gräben auf einer großen Insel inmitten eines gepflegten Parks.
Zu Fuß durch Münster
Krönender Abschluss der Reise ist ein Besuch der Stadt Münster. Der Weg ins Zentrum führt durch die Frauenstraße. In einem schönen Jugendstilhaus erinnert die Kneipe „Frauenstraße 24“ an eine studentische Hausbesetzung 1973, die das Haus vor dem Abbruch durch einen Grundstücksspekulanten rettete.
Am Ende der Frauenstraße findet sich linker Hand das Antiquariat Solder. Fans der in Münster spielenden Krimireihe „Wilsberg“ erkennen auf den ersten Blick, dass für die Dreharbeiten nur das Namensschild über dem Schaufenster ausgetauscht wurde.
Durch die Spiegelturmgasse und vorbei am bischöflichen Palais geht es zum St. Paulus-Dom. Besonders sehenswert ist die Astronomische Uhr im Chorumgang, ein technisches Meisterwerk aus dem Jahre 1540, dessen kalendarische Angaben bis ins Jahr 2071 reichen.
Den Domplatz trennt der Michaelisplatz vom historischen Rathaus. Dessen charakteristischer Giebel aus dem 13. Jahrhundert gehört zu den herausragendsten Hauptwerken gotischer Profankunst in Europa. Im Friedenssaal fanden parallel zu Osnabrück zwischen 1643 und 1648 Verhandlungen zum Westfälischen Frieden statt, der am 15. Mai 1648 hier geschlossen wurde und den Dreißigjährige Krieg beendete.
Vom Rathaus aus hat man zugleich einen wunderschönen Blick auf den Prinzipalmarkt. Eine Vielzahl aneinander gereihter Giebelhäuser mit einem durchgehenden Bogengang bilden diese historische Kaufmannsstraße.
Wer am Abend hier verweilt, kann die einzige Türmerin Deutschlands hören, die hier (außer dienstags) von 21 Uhr bis Mitternacht halbstündlich ihr Horn erschallen lässt.
Nicht weit entfernt auf der Salzstraße steht der Erbdrostenhof. Dieses Meisterwerk des westfälischen Architekten Johann Conrad Schlaun wurde in den Jahren 1753 bis 1757 als barockes Adelspalais errichtet.